Entwurf zum neuen Verfassungs–Reglement für den Flecken Gehrden von 1829
Um die Verfassung und Verwaltung des Flecken Gehrden, auf eine den Verhältnissen angemessener Weise unter Berücksichtigung der dem Flecken Gehrden ... ertheilten Berechtigungen, zu ordnen; haben wir unter ausdrücklicher Genehmigung des Königl. Cabinets Ministerii und unter Vorbehalt einer jeden künftigen Abänderung, oder gänzlicher Wiederaufhebung, nachstehende Bestimmungen erlassen.
§ 1
Die Verwaltung des Fleckens und des Fleckens Vermögens, geschieht unter Leitung und Aufsicht der Königlichen Landdrostei zu Hannover, von dem Königlichen Amte Wennigsen und dem Fleckens Magistrate. Daneben wird die Bürgerschaft durch das Bürger-Collegium vertreten.
I. Von den Verhältnissen des Fleckens Gehrden zu den Königlichen Ämtern Calenberg und Wennigsen
§ 2
Dem Königl. Criminal-Amte Calenberg, steht die Zuteilung der Criminal-Gerichtsbarkeit (dem Königlichen Amte Wennigsen dagegen der erste Zugriff in Criminal-Fällen) sowie die Ausübung der streitigen und freiwilligen Gerichts-Pflege, der Landes Hoheit, den allgemeinen Polizey- und den W.. Gerichtsbarkeit in dem Flecken Gehrden und den dazu gehörigen Feldmark zu, wogegen dem Magistrate durchaus keine Jurisdictions-Befugnisse beigelegt sind.
§ 3
Die Local-Policey wird von dem Flecken-Magistrate exercirt, dem auch die Untersuchung der kleinen Policey-Delicte, der kleinen Steuer-Vergen und den in den Flekkens-Forsten am Lohrberge und am Köthnerberge verübten Forstfrevel insofern gebührt, als die Gesetze und Regiminal Verfügungen, eine Geldbusse als Straf-Princip enthalten.
Die Erkennung der Strafen erfolgt auf dem Rathhause zu Gehrden unter dem Vorsitz eines Beamten des Königlichen Amtes Wennigsen, und fließen die erkannten Strafen in das Cämmerei-Register.
§ 4
Die Ertheilung der Trauscheine bleibt dem Königlichen Amte Wennigsen vorbehalten, welches jedoch in Fällen, wo durch Trauschein von Fremden, ein Domicil im Flekken Gehrden erworben werden kann, zuvörderst das Gutachten des Magistrats einzuholen hat.
§ 5
In Ansehung der Confirmation und Anmeldung der Verträge, behält es bey den desfals in den Regiminal Verfügungen vom 16. März 1724 und 27. October 1744 enthaltenen gesetzlichen Vorschriften und dem Herkommen sein Bewenden, wonach die durch die Landesherrliche Verordnung vom 4ten April 1620 vorgeschriebene gerichtliche Bestätigung der Contracte, nur bey Ehestiftungen der Fleckensbewohner, so wie bey Uebergabe-Contracten von Meiergütern, zu deren Rechtsbeständigkeit nöthig wird; wogegen es der freien Wahl des Bürger zu Gehrden, nach der Verordnung vom 6. Oct 1712 und 13. Jan. 1733 bey Verträgen über dem Meyer-...., nicht unterworfene bürgerliche Grundstücke und Real-Rechte, wodurch deren Eigenthum auf Andere übertragen wird, überlassen bleibt, diese Verträge zur Bemerkung der Gültigkeit derhalben entweder beim Amte gerichtlich confirmiren zu lassen oder nur beim Magistrate zu Gehrden zur Eintragung in die dazu bestimmten Bücher anzumelden.
Verträge der angegebenen Art, welche ein Bürger des Fleckens Gehrden mit einem Auswärtigen, der nicht Bürger, sondern Bauer ist, abschließt, müssen zur Bewirkung ihrer Rechtsbeständigkeit in Ansehung des Auswärtigen, der nicht Bürger sondern Bauer ist, bei der Obrigkeit seines persönlichen Gerichtsstandes confirmirt werden.
Um versichert zu seyn, daß die Fleckens Anmeldungs- und Lagerbücher in guter Ordnung erhalten werden, sind solche jedes Mal bei Ueberreichung der jährlichen Cämmerey-Register beim Amte zu produciren.
§ 6
In allgemeinen Landes Verwaltungs-Hoheit- und Steuer Sachen so wie in Rücksicht der Criminal- und Civil-Gerichtsbarkeit, ist der Magistrat keine Hülfsbehörde des Amts, sondern gehören die deshalb vorfallenden Hülfsgeschäfte zur Competenz des zeitigen Gohgräfen der Vogtei Gehrden, dem der Magistrat die nöthigen Data in vorbezeichneten Sachen zu subpeditiren hat.
§ 7
In den Fleckens Verwaltungs Angelegenheiten bildet das Königliche Amt eine Mittel Behörde zwischen der Königl. Landdrostei und dem Magistrate und ihm steht in dieser Beziehung eine Aufsicht und Controlle über alle Zweige der Administration zu, neben den in folgenden § ihm ausdrücklich beigelegten einzelnen Befugnissen.
II. Vom Magistrate
§ 8
Der Magistrat soll aus einem Bürgermeister und zwey Rathsherrn bestehen, von welchen der eine die Geschäfte eines Kämmerer versieht.
Dem Magistrat wird ein Rechts Diener beigegeben.
§ 9
Die Anstellung des Bürgermeisters und der Rathsherrn, geschieht auf Lebenszeit.
Der Rathsdiener wird mit Vorbehalt einer gegenseitigen vierteljährigen Dienstkündigung angesetzt.
§ 10
Als Mitglied des Magistrats, kann niemand zugelassen werden, der das Bürgerrecht nicht erlangt hat, und der mit einem schon fungirenden Magistrats Mitgliede näher als im dritten Grade verwandt ist, oder zu einem solchen in dem Verhältnisse von Schwiegervater oder Schwiegersohn, steht; Ereignet sich eine solche Schwiegerschaft später, so ist davon Anzeige bey dem Königl.-Amte zur Berichts Erstattung an die Königliche Landdrostei zu machen.
§ 11
Die Gehalte und Dienst-Emolumente der Magistrats-Personen bleiben bis zu weiterer Verfügung unverändert.
§ 12
Bei Anstellung eines neuen Bürgermeisters, sowie bei der Anstellung eines neuen Magistrats-Mitgliedes ist zunächst die Bildung eines Wahl-Collegii erforderlich. Dieses wird zusammengesetzt: aus den vorhandenen Magistrats-Personen und so viel Wahl-Deputirten der Bürgerschaft, daß das Wahl-Collegium mit den zeitigen Magistrats-Personen, aus sieben Wähler besteht.
Diese Wahl-Deptirte werden unter Leitung des Amts, in einer zu veranlassenden Bürger Versammlung, in welcher wenigstens Zwey Drittel, der Bürger anwesend sein müssen, nach absoluter Mehrheit der von den Erschienen viritim abzugebenden Stimmen, bestellt.
Sämmtliche Wähler haben gleiches Stimmrecht und wählen nach ihrer eigenen an keine Instruc-tion des Bürger Collegii oder der Bürgerschaft gebundenen Ueberzeugung, jedoch in der Maaße, daß nicht zu gleicher Zeit zwey Rathsherrn aus der Classe der Bürger, welche Meierstellen besitzen gewählt werden können.
Von diesem Wahl-Collegio werden, nachdem die Mittglieder von dem Amte mit dem vorgeschrie-benen Wahleide belegt sind, bey Bestellung eines Bürgermeisters, drey und bey Bestellung der Rathsherrn gleichfalls drey Candidaten zu der erledigten Stelle auf der Königl. Amtsstube, woselbst ein jeder Wähler die Namen der von ihm vorgeschlagenen Candidaten allein, ohne Beisein der andern Wähler, zu Protocoll giebt, erwählt und zwar so, daß zunächst einer durch die absolute Mehrheit aller vorhandenen Stimmen und sodann der andere auf gleiche Weise, ausgemittelt wird.
§ 13
Die gewählten Personen werden durch das Amt der Königl. Landdrostei zur unbeschränkten Auswahl präsentirt.
Sollte keiner der Vorgeschlagenen der Königl. Landdrostei annehmlich erscheinen; so können nach vorgängiger anderweitigen Wahl andere Vorschläge verlangt werden.
Ist unter den Gewählten einer von der Königl. Landdrostei bestätigt, so geschieht dessen Beeidigung nach der normirten Eides-Formel in Gegenwart des Magistrats und des Bürger-Collegio, von dem Amte.
§ 14
Die Pflicht des Magistrats ist im Allgemeinen, für die Ruhe, Ordnung und Wolfahrt des Fleckens, des Cämmerey- und Gemeinde-Vermögens, so wie der dem Flecken verliehenen städtischen Gewerbe-freiheit, unter Beobachtung der dieserhalb erlassenen einschränkenden Bestimmungen zu sorgen-
§ 15
Der Bürgermeister hat die Direction, sämmtlicher Geschäfts Angelegenheiten und führt den Vorsitz bey den Versammlungen des Magistrats.
Insbesondere sorgt er für die gehörige Aufbewahrung und Ordnung der Fleckens-Registratur.
§ 16
Die Geschäfte werden so viel als thunlich collegialisch betrieben und zu diesem Zweck versammelt sich der Magistrat wöchentlich in der Regel ein Mal, an einem bestimmten, gehörig bekannt zu machenden Tage und zu gewisser Stunde auf dem Rathhause, woselbst nicht nur die Anträge der Privat-Personen entgegengenommen, sondern auch die vorgekommenen und noch bevorstehenden Angelegenheiten, berathen werden.
§ 17
Außer diesen ordentlichen Sitzungen, können auch in eiligen Fällen, außerordentliche Rathsversammlungen, auf Antrag der Rathsherrn, oder auf eigenen Antrieb des Bürgermeisters, von letzterem zusammen berufen werden.
§ 18
Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt, nur bey wichtigen Verhandlungen in einem von sämmtlichen Mittgliedern zu unterschreibenden, vom Bürgermeister aufzunehmenden Protocolle, vorkommenden Falls mit der Bemerkung der Dissense, verzeichnet.
§ 19
Die nächste Besorgung der Geschäfte wird jedoch unter die einzelnen Magistrats Mitglieder, nach den verschiedenen Geschäftszweigen, vertheilt.
Beschwerden über die Geschäftsvertheilung, werden auf den Bericht des Amts von der Königl. Landdrostei entschieden.
§ 20
Für die gehörige Besorgung der einem jeden zugetheilten Geschäfte, ist der Expedient zunächst verantwortlich und nach ihm der Bürgermeister, welchem die Aufsicht und Controlle obliegt.
Der andere Rathsherr, oder, wenn der Bürgermeister selbst der Expedient ist, beide Rathsherrn, sind aber auch verpflichtet, Vernachlässigungen und Mängel zu rügen und nöthigen Falls zur Anzeige zu bringen.
§ 21
Die Bestellung des Cammerarius erfolgt analogisch in der Maaße, wie solches in den §fen 12 et 13 verordnet ist.
§ 22
Seine Dienstgeschäfte bestehen in der Führung und Aufstellung sämmtlicher Haupt- und Nebenrechnungen des Fleckens.
§ 23
Zur Sicherung der Fleckens-Aerarien hat derselbe eine hinlängliche Caution zu bestellen.
§ 24
Zur Richtschnur bey der Rechnungsführung dient demselben die dem Cämmerey Register prämittirte Instruction.
§ 25
Der Magistrat muß auch während des Rechnungs Jahrs, die Register und den Cassenbestand von Zeit zu Zeit revidiren.
§ 26
Dem Magistrate steht die Befugniß zu, die Reste? mit welchen die Bürger und sonstige Einnehmer dem Cämmerei Register und den Neben-Rechnungen, verhaftet sind, direct durch den Rathsdiener, beitreiben zu lassen.
§ 27
Die jährlichen Register werden von dem Magistrate gemeinschaftlich mit dem Bürger-Collegio, geprüft, mit den etwaigen Bemerkungen dem Amte überliefert und von diesem, nach geschehener Revision, an Königliche Landdrostei zur Abnahme eingesandt.
§ 28
Der Rathsdiener, welcher die Hülfeleistungen bei allen Dienstverrichtungen des Magistrats hat, wird von dem letzteren durch Stimmenmehrheit erwählt und von dem Amte in Eid und Pflicht genommen.
III. Bürger-Collegium
§ 29
Die Bürgerschaft soll durch sechs Vorsteher oder Bürger Deputirte aus den verschiedenen Classen der Bürgerschaft vertreten werden.
§ 30
Mit dem Ehrenamte eines Bürger Deputirten, sind keine Dienst-Einnahmen verbunden.
§ 31
Jeder Bürger des Fleckens, welcher majorenn ist, eine schuldenfreye Bürgerstelle besitzt, nicht in Criminal-Untersuchung begriffen, und nicht mit einer Criminalstrafe belegt ist, kann Bürger Deputirter werden.
§ 32
Jeder Bürger, bei welchem diese Eigenschaften vorhanden sind, ist verpflichtet, das Amt eines Bürger-Deputirten anzunehmen. Nur Aerzte und
Mundärzte, Geistliche, Schullehrer, Staatsdiener, Militairpersonen, Bürger über 60 Jahre alt, Bürger, welche in den zunächst vorhergehenden sechs Jahren, schon Bürger Deputirte gewesen sind, und solche welche notorisch an Schwäche leiden, sind davon auf ihr Verlangen ausgenommen.
§ 33
Die bisherige Eintheilung der Bürgerschaft in drey Classen, wird zum Zwecke der Bürger Deputirten-Wahlen beibehalten.
Jeder Bürger der eine Bürgerstelle besitzt, hat eine Stimme bey der Wahl.
Jede Classe hat zwey Deputirte zu wählen, welche jedoch nicht zu derselben Classe, von welcher sie gewählt werden, zu gehören brauchen.
Zur Wahl versammelt sich jede Classe besonders nach geschehener Aufforderung von dem Magistrate, wo selbst die Stimmen einzeln zu Protocoll gegeben werden. Jeder volljährige Bürger, welcher seine Stimme ausüben will, muß persönlich erscheinen. Für Minderjährige stimmen deren Vormünder.
Frauenzimmer, welche die Eigenschaften stimmfähiger Bürger besitzen können das Wahlrecht durch eigenhändige Schrift ausüben.
Zu einer gültigen Wahl gehört, daß wenigstens zwey Drittel der in jeder Classe vorhandenen Stimmen, abgegeben sind
§ 34
Diejenigen Bürger, welche nach § 31 gewählt werden können und die Mehrzahl von allen abgegebenen Stimmen in jeder Classe für sich haben, auch von ihren etwanigen Entschuldigungsgründen (§ 32) nicht Gebrauch machen wollen, sind Bürger Deputirte, bedürfen keine weitere Bestätigung und werden nach einer bestimmten Eidesformel vom Amte verpflichtet
§ 35
Das Amt eines Bürger Deputirten dauert sechs Jahre. Jedesmal nach Verlauf von zwey Jahren, treten zwey Deputirte aus dem Bürger Collegio aus und zwar in den ersten vier Jahren nach der Einführung dieses Reglements die, welche die wenigsten Stimmen gehabt haben, nach der Ordnung der Classen, mit der ersten Classe anfangend und zwar so, daß in einem und demselben Jahre nicht zugleich beide Deputirte eine und derselben Classe austreten, nachher aber jedes Mal die, welche schon sechs Jahre gedient haben
§ 36
Die Rechte und Pflichten der Bürger-Deputirten bestehen in Vertretung der Bürgerschaft in allen eigentlichen Gemeinde-Angelegenheiten, Gemeinde-Vermögens-Sachen, Anordnung und Anlegung der Fleckens-Abgaben u.s.w.
Dabei vertritt ein jeder die Bürgerschaft im Allgemeinen, keinesweges aber blos die Classe von welcher er gewählt ist.
§ 37
Das Bürger Collegium bedarf in allen diesen Angelegenheiten, keiner Vollmacht oder Instruction von der übrigen Bürgerschaft, sondern faßt seine Entschlüsse nach seinen eigenen Einsichten und ist der Bürgerschaft dafür nicht verantwortlich.
§ 38
Die Bürger Deputirten sind berechtig, wegen Veränderungen und Verbesserungen in den Fleckens-Angelegenheiten, die geeigneten Verträge bey dem Magistrate und dessen vorgesetzten Behörden, jedoch ohne eine derselben zu übergehen, einzureichen.
§ 39
Die Bürger Deputirte müssen von dem Magistrate bey Berathung nachstehender Gegenstände zugezogen werden:
1. bey allen Fleckens-Neubauten, auch Reparaturen, welche bey einem und demselben Gebäude in einem Jahre die Summe von 30 Rth übersteigen.
2. Bey beträchtlichen Veränderungen und Verlegungen von Wegen, Wasserleitungen und dergleichen Anlagen.
3. Bey Gemeinheitstheilungen, Ausweisungen und sonstiger Veränderung der Benutzung von Fleckens-Gemeinheiten und Forsten.
4. Bey Erwerbng, Veräußerung und andern bedeutenden Veränderungen in Benutzung von Cämmerey-Gütern
5. Bey Anleihen von Capitalien, auf den Credit des Fleckens,
6. Bey außerordentlichen Bewilligungen aus den Fleckens-Cassen, welche die Summe von 25 Rth übersteigen.
7. Bey Anstellung oder Einlassung auf Processe die auf Kosten der Fleckens-Cassen geführt werden müssen.
8. Bey Veranlagung der Fleckens- oder öffentlichen Abgaben und Lasten
9. Bey Abnahme der Cämmerey-Haupt- und Neben-Rechnungen
10. Bey der Wahl von Hirten, Nachtwächtern und andern kleinen Gemeinde-Diensten
§ 40
Bey diesen Angelegenheiten erscheinen die Bürger-Deputirten mit in der Versammlung des Magistrats, sie stimmen jedoch nicht mit den Magistrats-Mitgliedern, sondern nur unter sich ab, und theilen dem Magistrate die durch Mehrheit der Stimmen, gefundene Ansicht mit.
§ 41
Ein gültiger Beschluß kann nur gefaßt werden, wenn mindestens vier Bürger-Deputirte in der Versammlung zugegen sind.
§ 42
Finden zwischen dem Magistrate und dem Bürger-Collegio, verschiedene Meinungen Statt, so ist der Fall durch das Amt der Königlichen Landdrostei zur Entscheidung vorzulegen.
§ 43
Wünscht das Bürger Collegium zu einer gemeinschaftlichen Berathung sich zu versammeln, so ist dem Magistrate durch den Bürgermeister solche unter namentlicher Angabe des Berathungs-Gegenstandes, anzuzeigen.
Ohne Erlaubnis des Magistrats, darf keine Versammlung der Bürger-Vorsteher, und eine solche nirgends anders als auf dem Rathhause Statt finden. Die Berathung der Bürger Deputirten findet allein unter ihnen Statt und darf kein anderer Bürger bey einer zulässig befundenen Versammlung, zugegen sein.
§ 44
Die Bürger-Deputirten haben ihren Mitbürgern keine Befehle zu ertheilen und sind nicht berechtigt, die Bürgerschaft oder einzelne Abtheilungen derselben zu versammeln.
Hannover ...
1)
Eides-Formel
Für den Bürgermeister des Fleckens Gehrden
Praemisso homagio insonderheit sollet Ihr geloben und schwören einen Eid, daß nachdem ihr zum Bürgermeister des Fleckens Gehrden bestellt seid, ihr euer Amt treu und fleißig verrichten die Aufrechterhaltung und Beobachtung der Verfassung des Fleckens, wie solche jetzt eingeführt worden ist, wie auch die Befolgung der von des Königs Majestät und deren Nachgesetzten, euch aber vorgetzten Behörden, namentlich auch der von dem Königlichen Amte Wennigsen ergehenden Anordnungen, euch angelegen sein lassen, des Fleckens und seiner Bürgerschaft Bestes, nach allem euren Vermögen befördern, Schaden und Nachtheil aber von demselben abwenden, in dem Magistrate den Vorsitz führen, über Rechtlichkeit, Ordnung und Fleiß der Magistrats Mitglieder und der dem Magistrate angehörenden Subalternen, halten, das Vermögen des Fleckens und der in den demselben befindlichen Stiftungen unter gute Aufsicht nehmen und auf eine prompte Register-Führung und Rechnungs-Ablage stets halten, gute Policey Handhaben lassen, der Armen euch mit Liebe annehmen und sonst alles dasjenige mit Redlichkeit, Gewissenhaftigkeit und nach euren besten Einsichten thun und beobachten wollet, was vermöge eures Amts und der euch durch das Flekken-Reglement oder sonst übertragenen und noch zu übertragenden Pflichten, euch obliegt.
So wahr ....
2)
Eidesformel für
einen Rathsherrn des Flecken Gehrden
Praemisso homagio insonderheit sollet ihr geloben und schwören einen Eid zu Gott und auf sein heiliges Wort, nachdem ihr zum Rathsherrn des Fleckens Gehrden, höhern Orts ernannt worden, daß ihr solches Amt mit aller Treue und Fleiß verwalten, das beste und den Wohlstand der Gemeinde auf möglichste Weise befördern helfen, dieserhalben das neue Fleckens Verfassungs-Reglement vom
euch fleißig bekannt machen, die Raths-Versammlungen nicht versäumen, noch euch vorher entschuldigen zu lassen, wegbleiben, bey den rathhäuslichen Berathschlagungen eure Meinung und Votum, nach eurem besten Wissen und Gewissen geben; allen hohen Landes- Verordnungen, den euch vorgetzten Behörden, namentlich auch des Königlichen Amtes Wennigsen, gebührend nachleben; die rathhäuslichen Berathungen nicht ausbreiten, überhaupt aber in eurem Amte, und was eure Person anbetrifft, nach Maaßgebung der von Zeit zu Zeit ergangenen Verordnungen und Reglements, euch so verhalten und betragen wollet, wie es einem rechtschaffenen Rathsherrn wohl anstehet, eignet und gebühret.
Getreulich und ohne Gefährde.
So wahr euch Gott helfe und ein heiliges Wort.
3)
Eides-Formel für
den Cämmerarius des Fleckens Gehrden
Ihr sollet geloben und schwören .... daß ihr, nachden ihr zum Cämmerarius des Flecken Gehrden bestellt worden, dieses Amt mit Redlichkeit und Treue verwalten, die Einkünfte der Cämmerey zu jedesmaliger Verfallzeit erheben, auch andere öffentliche Gelder, deren Hebung euch Kraft eures Amtes oder zufolge besondern Auftrages zusteht, mit Ordnung und Fleiß einsammeln, solche in ein zu sicherndes Journal oder Manual, ohne Ausnahme eintragen auch die Ausgaben richtig darin aufführen, darüber zur gehörigen Zeit Rechnung ablegen, Cassen-Vorräthe abgesondert von eurem Privat-Vermögen, aufbewahren und auf Verlangen der competenten Behörde vorzeigen, auch den nach abgelegter Rechnung bleibenden Ueberschuß, gehörigen Orts abliefern; daß ihr die Rückstände der fälligen Einnahmen, möglichst verhüten und deren Beitreibung, der Ordnung gemäß, bewürken, überhaupt aber der wegen der Rechnung führenden Bediente unterm 15. April 1705 ergangenen Verordnung, in allen Punkten nachleben wollet.
Ferner daß ihr für die Erhaltung der wohl hergebrachten Gerechtsame des Fleckens Gehrden sowie des Fleckens Forsten und was sonst zum Vermögen des Fleckens gehört, mit Sorge tragen, und jede Benachtheiligung derselben, sorgfältig zu verhüten suchen wollet;
Endlich, daß ihr den Verfügungen, der euch vorgesetzten Behörden, Folge leisten, auch die allgemeinen Rechnungsvorschriften, welche den Cämmerey-Registern prämittirt sind, beobachten und euch überhaupt jederzeit solchergestalt verhalten und betragen wollet, wie es einem getreuen und fleißigen Cämmerarius und Rechnungsführer wohl anstehet und gebühret.
Alles getreulich und ohne Gefährde.
So wahr ....
Eid der Wahl-Deputirten des Fleckens Gehrden
Ihr sollet geloben und schwören ... daß ihr zu der zu besetzenden .... Stelle im Flecken Gehrden, drey solche Subjecte, aus der Bürgerschaft /: bey der Wahl eines Cämmerarius denjenigen Rathsherrn, wählen und in Vorschlag bringen wollet, so zu der Bedienung geschickt, des Fleckens Gehrden Bestes, redlich besorgen und der Bedienung gebührend vorstehen können /:kann:/ dabei auch ohne alle Nebenabsichten, nach eurem besten Wissen und Gewissen, verfahren wollet.
So wahr ....
4)
Eides-Formel für
die Bürger-Deputirten des Fleckens Gehrden
Praemisso homagio
insonderheit sollet ihr geloben und schwören euren Eid zu Gott und auf sein heiliges Wort daß ihr als erwählte Deputirte der Bürgerschaft des Flekkens Gehrden; wenn ihr in dieser Eigenschaft von dem Magistrate zu den Versammlungen berufen werdet, oder eine Versammlung des Bürger-Collegiums außerdem beliebt wird, euch gehörig einfinden, und ohne erhebliche Ursachen nicht zurückbleiben, die zur Verhandlung kommenden Gegenstände , nach eurer besten Einsicht gewissenhaft erwägen, weder aus Gunst, Freundschaft oder Friedschaft, sondern ohne alle Neben-Absichten, wie ihr es für Recht und dem Besten des Fleckens und der Bürgerschaft für angemessen haltet, eure Meinung abgebet, wo in vorkommmenden Fällen Verschwiegenheit erfordert wird, solche beobachten, das allgemeine Beste des Fleckens, deren Bürger ihr seid, unter Beobachtung des durch das Fleckens Verfassungs-Reglement vom 1829 gegebenen Vorschriften, nach Kräften befördern, dem nie entgegen handeln, vielmehr demselben nachkommen wollet, was in dem gedachten Fleckens-Reglement und in Gemäßheit desselben, zu eurer Pflicht gemacht worden, und euch überhaupt stets so betragen wollet, wie einem rechtschaffenen Bürger-Deputirten wohl eignet und gebühret;
So wahr ...
Actum Amt Wennigsen
den 26. Febr. 1829
In dem zur Berathung über den Entwurf des Verfassungs-Reglements für den Flecken Gehrden mit den von der Bürgerschaft unterm 8. April 1828 gewählten Bevollmächtigten, auf heute angesetzten Termine, hatten sich die Bevollmächtigten:
1) Vollmeyer und Vollbrauer Conrad Gottlieb Wehde, und
2) der Halbbrauer August Ludwig Meyer, beide Bürger zu Gehrden,
beim hiesigen Amte angefunden.
Nachdem man die Comparenten, wiederholt darauf aufmerksam gemacht hatte, den Entwurf zum Verfassungs-Reglement, nach ihrer eigenen besten Ueberzeugung zu prüfen und ihre Erklärung ohne Rücksicht auf die individuellen Ansichten einzelner Gemeinde Mitglieder, abzugeben, verlas man zuvörderst den diesem Protocolle beigefügten Entwurf zum Verfassungs-Reglement des Flecken Gehrden und zog darauf jeden einzelnen § unter Vorlegung der dabey allegirten Actenstücke, in Erwägung.
In Ansehung der §§ 2 et 3 sowie des § 5 des Entwurfs, gab man den Bevollmächtigten Folgendes zu erwägen:
Nach den vorgelegten Actenstücken stände dem Magistrate zu Gehrden durchaus keine Jurisdictions-Befugnis zu.
Die §§ 2 et 3 des Entwurfs, enthielten Bestimmungen nach den Prätensionen des zeitigen Bürgermeisters, der die Befugniß des Magistrats zur Untersuchung und Bestrafung der Wrogen in Anspruch nehmen.
Aus der producirten Resolution des Amts Calenberg vom 6. Sept. 1725 der eigenen Auseinandersetzung des Magistrats zu Gehrden vom 18. März 1726 dem Rescripte Königl. Cammer vom 10. Nvbr. 1733 dem Landgerichts-Wrogen-Register vom Jahre 1787/8, so wie den spätern Wrogen-Registern, ginge deutlich hervor, daß die Landgerichts-Wrogen jederzeit vom Amte Calenberg untersucht und die Strafen der Behörde angesetzt waren.
Die den Cämmerey-Registern prämittirte Nachricht von der Verfassung des Fleckens Gehrden und dessen Gerechtsame, besage zwar sub 12, daß dem Magistrate, welche die Aufsicht über Maaß und Gewichte, verbotene Hazard Spiele, Wirthhause u.s.w. zustände, und derselbe die Contraventions-Fälle untersuche und bestrafe, ferner daß dem Magistrate die Aufsicht über die Fleckens Forsten, so wie die Untersuchung und Bestrafung der vorkommenden Wrogen zustehe; hieraus folge aber, in Vergleichung mit dem Recesse vom 22. Decbr. 1586 und dem s.g. ächten Dingen von 1675 an wo-rin die Wrugen der Landesherrschaft deutlich vorbehalten sind, noch keineswegs die vom Bürgermeister in Anspruch genommene Gerechtigkeit zur Untersuchung und Bestrafung, der sogenannten Landgerichts-Wrogen.
Aus den im Entwurfe angezogenen alten Urkunden, ginge nur soviel hervor, daß keine Policey Vergehen auf dem Keller der Gilde Stube /: Krughaus:/ im Kruge, auf der Schäferei, in den Pforthäusern, am Knick- und Graben, auf den Wächterwegen, auf den Landwehren, vom Magistrate, mit geringen Geldbußen geahndet wären.
Rechtlich könne man dem Magistrate daher die Prätension nicht zugestehen und wahre ein Zugeständniß dem Bürgerwohle eher schädlich als vortheilhaft, da vom Amte und den Oberbehörden immer eine strengere Ahndung und bessere Aufrechthaltung der Ordnung zu erwarten stände.
Unter diesen Umständen erscheine es daher empfehlenswerth, daß die Prätensionen des Bürgermeisters von Seiten des Bevollmächtigten, keine Unterstützung fänden.
Hinsichtlich der Anwendung der Contracte mache man die Bevollmächtigten in Beziehung auf den § 5 des Entwurfs, aufmerksam, daß die Beibehaltung des Hergebrachten, selbst nach Publication des Entwurfs, immer zu vielen Processen, die Veranlassung geben könnte, indem nicht zu erwarten stände, daß jedem Bürger die complicirten Rechtsverhältnisse jederzeit vor Zeugenständen nur die Quelle von vielfachen Processen abgeben könnte, zumal keine Nichtbürger mit Bürgern contrahirten.
Nach der Erfahrung und den Folgen danach obschwebenden Processen, hielte man es daher am gerathesten, wenn die Confirmation der Contracte der Bürger, ohne Unterschied der Verhältnisse, auf welche gegenwärtig Rücksicht genommen worden, zum gesetzlichen Erforderniß gemacht würde.
Die Bevollmächtigten gaben hierauf zu vernehmen, wie sie die Auseinandersetzung des Amts, über die bezeichneten §§ eine reiflichen Ueberlegung wohl erachteten und sich zu dem Ende annoch eine Frist zur Abgabe ihrer definitiven Erklätung erbitten wollten.
Nach erfolgter Verlesung und Genehmigung des Protocolls, ist dem Gesuche deferirt und Termin zur Beendigung der Deliberationen auf ....tag den 5. d. Mt. angesetzt.
Actum ut supra
In fidem
Hagemann
Actum Amt Wennigsen
den 5. März 1829
Es erschienen die Bevollmächtigten:
1.) Vollmeyer und Vollbrauer Conrad Wehde und
2.) Halbbrauer August Ludwig Meyer,
beide Bürger in Gehrden, und gaben in Beziehung auf das vorstehende Protocoll, vom 26. v. M. ihre Erklärung ab, wie folgt:
Eine genaue Durchsicht der Fleckens-Rechnungen mit dem Jahre 1788 anfangend, hätte ihnen die Ueberzeugung verschafft, daß dem Magistrate bis hierzu, nur die Bestrafung kleiner Policey-Delikte, im Flecken selbst, wohin namentlich die Bestimmung der gewöhnlichen Ordnungs-Strafen, bey den Feuer-Visitationen, so wie die Untersuchung und Bestrafung der Forstfrevel in den Fleckens-Forsten am Berberge und Köthner-Berge, zustände, so weit die Gesetze eine Geldbuße, als Strafprincip enthielten; wogegen dem Amte die Untersuchung, die s. g. Landgerichts-Wrogen, aus dem Flecken Gehrden und der Feld-Wrogen, gebühren; so wie denn auch in allen den Fällen die Competenz des Magistrats nicht begründet wäre, wo die Gesetze eine Gefängnißstrafe, als Strafe enthalten.
Die Anmeldung und Bestätigung der Verträge anlangend, so wären sie, nach reiflicher Ueberlegung, der Meinung, daß es für die Bürger manchen Vortheil und manche Bequemlichkeit mit sich führen könnte, wenn die Contracte der Bürger unter sich, über die dem Meyer Nexus nicht unterworfenen Bürgerlichen Grundstücke und Real-Rechte, auch ohne Amts-Confirmation durch die bloße Anmeldung bey dem Magistrate ihre Rechtsbeständigkeit erhielten.
Amtsseitig schlug man hierauf vor:
Dem § 5 des Entwurfs zur Verhütung möglichen Missbrauche folgenden Satz annoch zu inferiren:
„Die Magistrats-Atteste der Statt gehabten Anmeldung , sollen hierbey statt gerichtlicher Confirmation, dienen und Contracte, denen dieses Attest mangelt kein Klagerecht begründen.“
Die Bevollmächtigten erkannten den wohlthätigen Einfluß dieses Zusatzes an und genehmigten die Insertion in den Entwurf.
Auf den Grund der vorstehenden Verhandlung, ward hierauf die Fassung der §§ 2 et 3 des Entwurfs bestimmt, wie folgt:
§ 2
Dem Königlichen Criminal-Amte Calenberg ... so wie Ausübung der strittigen und freiwilligen Civil-Gerichts-Pflege, der Landeshoheit der allgemeinen Policey und der Wrogen Gerichtsbarkeit in dem Flecken Gehrden und der dazu gehörigen Feldmark, zu, wogegen dem Magistrate durchaus keine Jurisdictions-Befugnisse beigelegt sind.
§ 3
Die Lokal-Policey wird von dem Fleckens-Magistrate exercirt, dem auch die Untersuchung der kleinen Policey-Delicte, der kleinen Feuer Wrogen und der in den Fleckens-Forsten am Berberge und am Köthnerberge verübten Forst-Frevel, in so ferne gebühret, als die Gesetze und Regiminal-Verfügungen eine Geldbuße als Straf-Princip enthalten.
Die Erkennung der Strafen, erfolgt auf dem Rathhause zu Gehrden, jährlich um Michaelis, unter dem Vorsitze eines Beamten, des Königlichen Amts Wennigsen, und fließen die erkannten Strafen in das Cämmerey-Register.
Man verlas hierauf nochmals den Entwurf zum Verfassungs-Reglement und ward solcher unter den vorstehendenModerficationen von den Bevollmächtigten, in allen Puncten angenommen.